29. Juli 1937: Apotheker Julius Schmidt übernimmt die Pacht der Wiesental-Apotheke. Er wurde am 28. Juli 1898 in St. Georgen/Villingen geboren, Approbation am 14. Juni 1926. Die endgültige Übernahme der Pacht erfolgt zum 01.10.1937. Als Wert werden für das Warenlager 10000 Mark, für die Apotheke an sich nur 2500 Mark taxiert.
Als Apothekerpraktikantin wird am 07.09.1937 Hildegard Grönewold aus Norden an der Nordsee eingestellt. Sie tritt am 01.11.1937 wieder aus.
Ein historisches Rezept, ausgestellt in Weitenau am 9.12.1939, eingelöst in der "Apotheke Steinen I.W., Inh. J. Schmidt, Telefon 215". Kosten: 1,63 RM. Verordnet wurde: "Rp! (Recipe, nehme) Acid. hydrochlor. dil. 100,0 (Acidum hydrochloricum dilutum, verdünnte Salzsäure 10%, 100g), Tinct. Gentian. 50,0 (Tinctura Gentiana, Enziantinktur, 50g), m. ft. (misce ut fiat - mische/fertige an, damit entstehe) tgl. (täglich) 1-2 Eßlöffel in Pfefferminztee zu geben für eine Kuh des Herrn Friedlin, Ratsschreiber in Weitenau, (gezeichnet) N. Jung" - offensichtlich hatte das Tier Verdauungsbeschwerden (Bild: Gerhard Schaum).
Der Apotheker Julius Schmidt war der letzte Apotheker vor dem Krieg. Er war mit einer Apothekerin verheiratet, die durch einen Laborunfall eine größere Verletzung auf einer Gesichtshälfte erlitten hatte. Das Ehepaar, daß sich in Steinen recht wohl fühlte, hatte zwei Kinder und war recht beliebt bei der Steinemer Bevölkerung.
Das Leben als Apotheker war zu diesen Zeiten kein Zuckerschlecken, v.a. was die Arbeitszeiten betrifft. Auch die Apotheke in Steinen stellte keine Ausnahme dar. Am 19.11.1937 stellt Schmidt an das Staatliche Gesundheitsamt Lörrach die Bitte um Erlaubnis "an jedem zweiten Sonn- und Feiertage... das Geschäft in den Nachmittagsstunden ab drei Uhr schliessen zu dürfen.". Die Bitte wurde mit dem Hinweis gewährt, als Aushang an der Türe auf die diensthabenden Apotheken in der Umgebung hinzuweisen. Diese Art des Familienlebens hat sich auch den Kindern stark eingeprägt, wie im nächsten Kapitel geschildert.
Mit Ausbruch des zweiten Weltkrieges wurden alle wehrfähigen Männer durch die Musterungsbehörden erfasst. Auch Schmidt wurde entsprechend eingeteilt. Da er als Apotheker zur Versorgung der Bevölkerung unentbehrlich war, wurde er am 18.01.1941 nach §5 Abs. 2 Wehrgesetz "uk" gestellt, also unabkömmlich auf Grund der Unentbehrlichkeit der momentanen zivilen Tätigkeit. Bei dieser befristeten bzw. widerruflichen uk-Stellung wurde der Betroffene, der "zur Durchführung einer Reichsverteidigungsaufgabe der Kriegswirtschaft, des Verkehrs oder der Verwaltung unentbehrlich und unersetzbar" war aus der Wehrmacht entlassen und musste später, bei Aufkündigung der uk-Stellung, wieder regulär einberufen werden.
Im Verlauf des Krieges wurde natürlich der Bedarf an Soldaten immer größer. Offensichtlich gab es zum September 1941 die Planung, die Apotheken in Steinen und Zell (Apotheker Willi Hiepe, geb. 10.09.1905) zusammenzulegen, denn beide Apotheker mussten ihre uk-Stellung erneut belegen. Das Ansinnen der Behörde wurde jedoch am 30.09.1941 vom Amtsarzt abgeschmettert, der beide Apotheken für notwendig erachtete, so daß beide Apotheker am 10.10.1941 endgültig ihren uk-Status behielten.
Auch ein weiteres Detail der deutsch-fanzösischen Geschichte lässt sich in dieser Zeit in der Häfnet-Apotheke belegen: am 31.03.1941 wird der Apothekerpraktikant Robert Buhart aus dem nunmehr zum reichsdeutschen NSDAP-Gau Baden-Elsass gehörenden Colmar eingestellt. Er verlässt die Apotheke wieder zum 08.01.1942.
Mit dem Tod des Verpächters Otto Eccard am 08.03.1941 ändert sich die Situation grundlegend. Normalerweise war es kein Problem für einen Pächter, die Konzession zu übernehmen. In Steinen aber geschah Überraschendes: am 27.01.1942 tritt Wilhelm Michler in die Konzession ein und übernimmt die Apotheke zum 01.03.1942. Schmidt muß mit seiner Familie Steinen verlassen, seine uk-Stellung wird am 28.03.1942 aufgehoben. Da er aber in Weil am Rhein eine Stelle findet, kann er der Einberufung entgehen.